Reisebericht,  Südafrika

Südafrika: Das ist der Alltag in der Ausbildung zum Nature Guide

Nature Guide sein, beziehungsweise erst einmal Nature Guide werden. Es klingt so einfach – was muss ich schon mehr wissen als ein bisschen Dies und Das über Tiere? Dabei ist das bei Weitem nicht alles, was ein Nature Guide wissen muss und so ist die Ausbildung auch alles andere als leicht. Denn um später seinen Gästen „Dies und Das über Tiere“ erzählen zu können muss ich erst einmal alle Grundlagen und Zusammenhänge verstanden haben, die den Tieren vorausgehen.

50 Tage dauert der Kurs, für den ich mich entschieden habe. Das ist das absolute Minimum an Tagen, das man für diese Qualifikation ableisten muss – wer möchte kann den gleichen Lernstoff auch in einem 6-monatigen Kurs vertiefen.

50 Tage statt 6 Monaten – dementsprechend straff ist der Kurs aufgebaut. In der Regel findet vormittags eine Vorlesung statt, in der Regel von 7.00 bis 11.30, in der die theoretischen Grundlagen der Ausbildung abgedeckt werden.

      • [toggler title=“Themenliste der Ausbildung zum Nature Guide (bitte anklicken für die komplette Liste)“ ]

        • Ethik Grundlagen für Guides
        • Wie schaffe ich ein gutes Erlebnis für Gäste
        • Geologie
        • Klima und Wetter
        • Astronomie
        • Ökologie und Ökosysteme
        • Biome (Landschaftszonen Südafrikas)
        • Taxonomie
        • Niedrigere Lebensformen (Bakterien, Gräser und Bäume)
        • Arthopode
        • Amphibien
        • Reptilien
        • Vögel
        • Säugetiere
        • Verhalten von Tieren verstehen
        • Naturschutzgebiete und Schutzmaßnahmen
        • Geschichte der menschlichen Besiedlung Südafrikas [/toggler]

Nachmittags stehen ab 14.00 meist praktische Arbeiten an oder ich habe Studienzeit, um das Gelernte zu vertiefen und mich auf die Tests vorzubereiten.

Tests???

Richtig gelesen. Dreimal die Woche wird die Theorie in schriftlichen Überprüfungen abgefragt. Hier schlage ich mich bisher wirklich top, muss aber auch ganz ehrlich sagen, dass ich mir so gut wie keine Freizeit gönne. In den Pausen zwischen den Vorlesungen, vor und nach dem Mittagessen und vor dem Abendessen sitze ich meistens an meinem Schreibtisch, übertrage meine Notizen in Reinform und ergänze Informationen aus der Fachliteratur. Nach dem Abendessen gehe ich dann alle Notizen nochmal durch und lerne für den nächsten anstehenden Test.

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Es ist eben kein „Eco Urlaub“ und ich bin auch kein „Urlaubsranger“, wie die Ausbildung zum Nature Guide und das dazugehörige Berufsfeld im internationalen Ausland oft fälschlich angepriesen werden. Es ist eine Berufsausbildung und wie auch bei jedem anderen Beruf muss ich dafür viel lernen und hart arbeiten, um am Ende mit einer guten Note abschließen zu können.

Zum Glück stellt die Theorie aber nur einen Teil der Ausbildung dar, denn die praktischen Module sind mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger. Praxis kann hier vieles heißen:

  • zu Fuß den Park erkunden, z.B. um Gräser und Bäume zu identifizieren
  • mit dem Fahrzeug („Game Viewer“) den Park erkunden, um nach bestimmten Pflanzen  oder Tieren zu suchenDSC_1743
  • Übungen im Camp, z.B. Vogelgeräusche identifizieren, Gesteine nach ihrer Entstehung einordnen, nachts die Sterne beobachten und Konstellationen aufzeigen, Besuch eines Reptilienexperten
  • einen „hospitality evening“ planen, an dem der Rest der Gruppe bekocht und stilvoll bewirtet werden muss
  • Ausflüge in andere Parks, um dort Tiere zu beobachten

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Generell kann ich sagen: Die Tage sind lang und beginnen früh. Dementsprechend kurz sind meine Nächte. Sonntags ist an sich mein freier Tag, aber da montags meist ein Test ansteht gibt es Sonntag nachmittags in der Regel eine Wiederholungseinheit. Letzten Sonntag waren dann zusätzlich zu mir und den anderen sieben Kursteilnehmern noch über 20 Menschen aus Johannesburg hier im Reservat, die in der Stadt den Jahreskurs in Teilzeit besuchen und nur ab und an die Wochenenden mit praktischen Modulen verbringen. So fiel auch da mal wieder mein freier Sonntag flach: Da wir im Intensivkurs dem Lernstand des Teilzeitkurses weit voraus sind mussten wir die „Frischlinge“ an diesem Wochenende in das Thema Gräser einführen und praktische Identifikationsübungen dazu anleiten. Dieses Wochenende hat mir aber vor allem Eines ganz deutlich gezeigt:

Als ich hier ankam, wusste ich so „Dies und Das über Tiere“ – wobei „Tiere“ sich fast ausschließlich auf Säugetiere bezog. Wer beschäftigt sich schließlich mit Fischen, Vögeln oder gar Insekten? Dieser Kurs hat bereits in den ersten paar Wochen meinen Horizont unfassbar erweitert. Ich laufe nicht mehr nur „einfach so“ über die Wiese – jetzt sehe ich die unterschiedlichsten Gräser und kann etwas über sie erzählen. Ich höre nicht mehr einfach nur Vogelgesang, sondern kann die einzelnen Arten auseinander halten und benennen. Ich verstehe jetzt, warum alle Lebensformen spannend sind – nicht nur die Säugetiere – und bin in der Lage sämtliche Elemente von Gesteinen über Pflanzen und Landschaften bis hin zu Insekten und höheren Lebensformen in Zusammenhang zu setzen.

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