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Kapstadt: Auf Street Art Tour in Woodstock

Wer an Kapstadt denkt, der denkt an den Tafelberg und ans Kap der guten Hoffnung, vielleicht auch noch an Robben Island oder die V&A Waterfront. Der Name „Woodstock“ fällt eher selten, zumindest war das bisher so. Denn das Woodstock-Viertel wird immer beliebter – bei Einheimischen, Investoren und Touristen gleichermaßen.

Woodstock blieb verschont, als der angrenzende District Six in den 1970ern durch die Apartheitsregierung von schwarzen und farbrigen Einwohnern „bereinigt“ wurde. Viele der Vertriebenen ließen sich damals in Woodstock nieder – einer der wenigen innenstädtischen Bereiche, in dem Nicht-Weiße damals noch wohnen durften. Die Mieten in Woodstock blieben – im Vergleich zum Rest der Stadt – niedrig, während der Stadtteil sich mehr und mehr zum Industrieviertel entwickelte und gleichzeitig viele Gebäude verfielen. Das lockte – vor allem nach dem Ende der Apartheid – viele junge Leute an, die für Aufschwung im Viertel sorgten.

Heute hält die Gentrifizierung allerdings unweigerlich auch in Woodstock Einzug – neue, moderne Apartmentblöcke werden gebaut und Hotels eröffnet. Die Lage ist dafür perfekt, denn Woodstock ist nur wenige Kilometer vom beliebten Zentrum Kapstadts entfernt. Aber trotz der Veränderungen hat Woodstock seinen kreativen Touch, sein „Multi-Kulti“ (noch?) nicht verloren. Ganz im Gegenteil: Woodstock wird von Jahr zu Jahr mehr zum hippen In-Viertel und ist insbesondere bei Künstlern aus der ganzen Welt sehr beliebt. Denn in Woodstock sind Graffiti nicht verboten und verpönt, sondern werden als Street Art („Straßenkunst„) legalisiert und gefeiert.

Street Art in Woodstock vor der Kulisse des Tafelbergs

Manche Kunstwerke in Woodstock sind nur in etwa so groß wie ein DIN A4 Blatt, andere füllen ganze Hauswände. Manche sind bunt wie der Regenbogen, andere ein schlichter Schriftzug in schwarz-weiß. Sehenswert sind sie alle und es ist gerade diese Vielfalt and Farben und Formen, Stilen und Aussagen, die einen Spaziergang in Woodstock zu einem Abenteuer machen. Woodstock ist voll von sich ständig ändernder, ständig weiter entwickelnder Street Art, die nur darauf wartet entdeckt zu werden.

Detailaufnahme eines größeren Street Art Werks im Woodstock Exchange Gebäude

Aber all das wusste ich vor ein paar Wochen noch gar nicht. Obwohl ich nun schon seit einigen Jahren in Kapstadt wohne, war ich bis dato noch nie in Woodstock gewesen. Dann ging ich mit Zak, einem jungen Tour Guide aus Woodstock, auf Entdeckungstour – und seitdem hat mich das Street Art-Fieber gepackt!

Die Tour startet im Woodstock Exchange, einem trendigen Gebäude mit hippen Läden im Erdgeschoss und den Büros einiger Unternehmen sowie cooler Start-ups auf den oberen Stockwerken. Allein hier ist schon jede Menge Street Art zu finden – einiges davon kann man auch ganz leicht entdecken, sobald man die Passage durch das Gebäude betritt. Andere Kunstwerke sind wiederum etwas versteckter und nur mit Zak zugänglich, der im Woodstock Exchange (und in ganz Woodstock!) bekannt ist wie ein bunter Hund.

Kunst in der Woodstock Exchange Passage
Bienen Graffitti an einer Hauswand - Street Art in Woodstock, Kapstadt
Versteckes Graffiti im Woodstock Exchange

Vom Woodstock Exchange aus führt Zak seine Gruppen kreuz und quer durch den Stadtteil, in dem hinter jeder Ecke eine neue künstlerische Überraschung wartet. Während wir laufen grüßt Zak hier und da, schüttelt viele Hände und scherzt gut gelaunt mit den Anwohnern im Viertel. Dann bleibt er vor einer Wand mit einem großen Graffiti stehen. Kurz hält er inne, bevor er mit großen Gesten über den Künstler und die Bedeutung seines Kunstwerkes spricht. Dabei ist es offensichtlich (wie in so vielen Momenten am diesem Tag), wie sehr Zak nicht nur seinen Job als Street Art Guide, sondern auch sein Viertel liebt.

Immer weiter geht es dann ins Gassenlabyrinth von Woodstock. Rechts abbiegen, links abbiegen, über die Straße. Schon längst habe ich die Orientierung verloren, aber Zak läuft nach wie vor selbstsicher voraus. Während ein Street Art Highlight das nächste jagt bin ich so begeistert, dass ich gefühlt im Sekundentakt den Auslöser meiner Kamera drücke.

Viel zu schnell nähert sich die Walking Tour dem Ende, aber Woodstock ist so reich an Street Art, dass ich an jeder Abzweigung wieder Neues entdecke. „Can I take a look over there?“, frage ich Zak weitaus mehr als nur einmal an diesem Tag. „We are out of time“, sagt Zak, doch dann grinst er: „But let’s go check it out!“.

So sind wir wesentlich länger als die geplante Zeit unterwegs, aber das scheint Zak nicht im Geringsten zu stören. Auch für ihn ist jede Tour auch wieder ein bisschen Entdecken, denn in Woodstock tauchen ständig neue Graffitis auf. So zum Beispiel eine ganze Horde Waschbären, die eine kanadische Künstlerin an die Wände Woostocks gebracht hat. „In Kanada sind Waschbären manchmal eine Plage“, erklärt Zak, „aber in Südafrika gibt es keine Waschbären. Deshalb wollte die Künstlerin die kleinen Kreaturen auch nach Kapstadt bringen – manche sind freundlich, und manche sind frech.“

Freundlicher Waschbär…
Street Art Tour Woodstock, Kapstadt - Graffiti von einem frechen Waschbären, der mit einer Spraydose einen stilisierten Waschbären an die Wand sprüht
… und frecher Waschbär

Am Ende der Tour bin ich wirklich sprachlos, denn so viele und vor allem auch vielfältige Eindrücke hätte ich auf einer Street Art Tour nicht erwartet. Nach den vielen Händen auf den Straßen von Woodstock schüttelt Zak nun auch meine Hand. „Thank you, I really hope to be back soon“, sage ich – und meine es auch.

Galerie – Fotos zum Vergrößern anklicken!

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Juma’s Tours Woodstock Street Art

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+ Dieser Beitrag wurde nicht gesponsort, meine Teilnahme an der Street Art Tour habe ich selbst bezahlt. +

 

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