
Israel: Zu Fuß durch den Ramon-Krater
Während Israel wieder einmal (oder hat es nie aufgehört?) versucht seine Harmonie zu finden bin ich so froh, dass ich dieses wundervolle und vielfältige Land bereits dreimal zu ruhigeren Zeiten besuchen konnte. Eine Wanderung, die ich bei meinem letzte Aufenthalt in Israel unternommen habe, ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben:
4 Uhr: Der Wecker klingelt.
Müde und schlecht gelaunt drehte ich mich im Bett des kleinen B&B in Mitzpe Ramon um, eine kleine Wüstenstadt am Rande des 40 km weiten Ramon-Kraters – Makhtesh Ramon, wie die Einheimischen ihn nennen – der vor vielen Millionen Jahren durch den Einfluss der Naturgewalten entstanden ist. Wollte ich es wirklich tun? Ja, wollte ich. Mit einem Mal bin war ich hellwach und schwang die Beine aus dem Bett, während es draußen noch stockfinster war – eine Seltenheit für einen Morgenmuffel wie mich. 😉
4.20 Uhr: Nur wenige Minuten später verließ ich das Gästehaus in Richtung des Kraters – geplant war eine Wanderung in den Krater hinab, hindurch und auf der gegenüberliegenden Seite wieder heraus. 15km, das sollte kein Problem darstellen, immerhin gehe ich gerne wandern – die zwei kürzeren Routen entlang der nördlichen Kraterwand hätten mich vermutlich unterfordert, zumal mir im B&B erzählt worden war, dass die lange Route landschaftlich am schönsten sei.

Im Einklang mit der einsetzenden Dämmerung begann ich meinen Abstieg in den Krater auf einem festgetretenen Serpentinenpfad aus Staub und Felsen. Schon bald erreichte ich den Boden des Kraters und war auf mich alleine gestellt: Keine anderen Menschen, keine befestigten Wege – und vor Allem auch kein Handynetz.
Während es mit jeder Minute wärmer wurde und die Sonne unweigerlich ihren Weg über den Himmel zog begann ich meinen Weg durch den Krater. Auf dem Rücken trug ich mehrere Flaschen Wasser – mindestens 2 Liter pro Person werden empfohlen, um in der Hitze des Kraters nicht zu dehydrieren.
Ein Großteil des Weges führt durch ein Wadi – ein Flussbett in der Wüste. Bei Trockenheit ist es nicht mehr als ein paar dürre Sträucher und ein paar Zentimeter Sand, doch bei Regen füllt es sich schlagartig mit einer lebensgefährlichen Flut aus Wasser und Dreck. Lange lief ich im Wadi – Tiere oder andere Menschen sah ich dabei keine. In Gedanken vertieft achtete ich nicht mehr auf die farbigen Markierungen des Wanderwegs und plötzlich waren sie nicht mehr in Sicht. Ich war vom Weg abgekommen. Ich versuchte die Ruhe zu bewahren, drehte um und lief zurück auf der Suche nach dem letzten Wegweiser. Dadurch abgelenkt passte ich einen Moment nicht auf und setzte den linken Fuß unbedacht in den harmlos aussehenden Sand des Wadis. Plötzlich bohrte sich der messerscharfe, mit Dornen besetzte Ast einer abgestorbenen Pflanze durch meinen Schuh. Für einen kurzen Moment kam Panik in mir auf – Mitten in der Wüste, ohne Orientierung, ohne Handynetz, geschätzt 4 bis 7km von der einzigen Siedlung des Gebiets entfernt und jetzt auch noch mit einem großen Dorn im Schuh. Dieser hatte aber zum Glück meinen Fuß verfehlt und nur Schuh und Socke durchbohrt, sodass ich die Wanderung dann doch unbesorgt fortsetzen konnte. Kurz darauf hatte ich auch einen Stein mit der rot-weißen Markierung des Wanderwegs wieder gefunden – offensichtlich hatten ich mich nie weit davon entfernt.
Kurz darauf machte ich im Schatten einer großen Akazie – vermutlich der einzige Baum des Kraters- Pause. Dort sah ich auch die einzigen Tiere, die mir während der Wanderung begegnen sollen: Zwei kleine Vögel näherten sich neugierig und hofften auf ein paar Brotkrumen. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt geahnt, was noch vor mir liegt, wäre ich vermutlich einfach unter dem Baum sitzen geblieben…


Der Pfad führte mich weiter durch den Krater und ich bemerkte wie die Landschaft sich veränderte, rötlicher, felsiger wurde. Während der Weg langsam begann anzusteigen näherte ich mich dem Höhepunkt der Wanderung: Ein Berg, den die Einheimischen „Ramons Zahn“ nennen und der das letzte Hindernis zwischen mir und der Straße auf der anderen Seite des Kraters war.

Einen Pfad hinauf gab es nicht, einzig ein Hang voll Felsen und Geröll führt an dieser Stelle den Berg hinauf. Immer wieder gerieten die Steine unter meinen Füßen ins Rollen und ich war mehr als einmal kurz davor das Gleichgewicht zu verlieren. Mehrmals überlegte ich, ob ich abbrechen soll – für so eine ungeübte Hobbywandererin wie mich überwog in diesem Moment meine Angst die Neugier. Der Weg zurück durch den Krater wäre aber viel zu weit gewesen, also kämpfte ich mich weiter den Berg hinauf. Die letzten Meter ging ich auf allen Vieren den steilen Hang hoch, aber dann hatte ich „Ramons Zahn“ endlich bezwungen:


Bei so einer fantastischen Aussicht über den Krater hat sich der Aufstieg wirklich gelohnt!

Knapp eine halbe Stunde wanderte ich dann noch, bis ich die Straße durch den Krater erreichte. Von hier an fuhr ich dann per Anhalter zurück in die Siedlung – etwas, das ich sonst nicht tun würde, aber da es nur eine Straße im Krater gibt und diese unweigerlich nach Mitzpe Ramon führt ist es hier recht sicher per Anhalter zu fahren. Verschwitzt und staubig wie ich war lud mich trotzem ein netter Araber ein mit ihm zusammen in seiner weißen Ford Limousine zu fahren – 10 Minuten später war ich wieder in Mitzpe Ramon.

