Irland,  Reisebericht

Irland – Wenn „zu Fuß“ und „mit dem Auto“ verwechselt werden

Wenn „zu Fuß“ und „mit dem Auto“ verwechselt werden, dann klingt das erst einmal nach einem Missverständis, das schnell aus dem Weg geschaffen werden kann. Dumm nur, wenn das nicht geschieht weil Begriffe wie „zu Fuß“ und Auto einfach nie fallen, weil beide Gesprächsseiten denken sie sprechen sowieso über das Gleiche. Wie schwerwiegend solch eine Misskommunikation werden kann – das erfuhr ich in meinem letzten Besuch auf der grünen Insel selbst:

Während meines Studiums an der Uni in Cork habe ich mich in Irland verliebt, dieses wunderschöne, schräge Fleckchen Grün mitten im Meer. August 2013 war es dann endlich Zeit für eine Wiederkehr – ich war im wahrsten Sinne des Wortes nach vielen stressigen Monaten hier in Deutschland reif für die Insel. Nach einem kurzen stop in Dublin traf ich mich mit einem ehemaligen Kommilitonen, um gemeinsam nach Newgrange zu fahren.

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Newgrange ist ein jungsteinzeitliches Hügelgrab im irischen County Meath, das ich bei meinem bisherigen Aufenthalt noch nie besucht hatte. Auch mein irischer Kommilitone war dort noch nie gewesen, also nahm ich ihn (nett wie ich bin 😉 ) mit auf eine Reise durch sein eigenes Heimatland. Er buchte uns ein wunderschönes, für Irland typisches Bed&Breakfast in allerschönster Lage: Mitten im Nirgendwo, aber mit direktem Blick auf Newgrange.

Nach unserer Ankunft dort am frühen Nachmittag erkundigten wir uns nach Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, da Newgrange erst für den nächsten Tag auf dem Plan stand. Die wirklich sehr nette Rezeptionsdame half uns auch direkt, gab uns eine Karte der Umgebung und erläuterte die Entfernungen zu verschiedenen Attraktionen der Gegend – nur eben über den Fluss und 10 Minuten hier hin, 30 Minunten dort hin, 20 von da zurück zum B&B. Super, dachten wir uns und ich malte auf dem Tresen eine Route mit dem Finger nach: „Dann können wir ja hier rüber, dann den Bogen dort und dann hier vorbei zurück“.. hätte ich nur mal LAUFEN ergänzt… Die Rezeptionistin bestätigte meine Idee, wünschte uns viel Spaß und wir liefen los. Zu Fuß. Die Straße entlang in Richtung Slane – ein kleines Städchen, das ja nur 10 Minuten entfernt sein sollte. Wir liefen und liefen und liefen.

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Irgendwann dämmerte es uns – die Rezeptionsdame meine 10 Minuten per Auto, nicht zu Fuß. Einfach umkehren wollten wir aber nicht, dafür waren wir schon zu weit gelaufen, also gingen wir weiter und immer weiter. Nach mehreren Stunden kamen wir dann auch tatsächlich in Slane an, ein Ort der vermutlich nicht viel uninteressanter und unbelebter sein könnte. Hungrig und müde war uns eines klar: Zurücklaufen ist außer Frage. Busse fuhren aber nicht, Taxi fahren ist teuer.

Da malte sich mein Hirn eine ulkige Lösung aus: Am Ende der Straße erblickte ich ein Take Away-Restaurant, das Essen liefert – warum dort nicht Essen bestellen und uns selbst sozusagen mitliefern lassen? Also ging ich in den kleinen, Imbiss-typischen Laden, setzte mein nettestes „unschuldiges Mädchen in beklemmlicher Lage“-Gesicht auf und fragte, ob man uns denn zusammen mit einer Bestellung nach Newgrange zurückfahren würde. Hoffnung gemacht hatte ich mir aber ehrlich gesagt keine. Und was sagte der Besitzer? „Klar, kein Problem. Der Fahrer ist in 5 Minuten wieder hier, der bringt euch sonst auch einfach so hin, ihr müsst nicht extra bestellen“. – Ich war platt. Nicht müde-platt, sondern erstaunt-platt. Dass es tatsächlich noch Menschen gibt, die so unkompliziert und selbstlos helfen wollen, das ist doch immer wieder eine schöne, mittlerweile aber leider seltene Erfahrung.

Hungrig waren wir aber trotzdem, also bestellten wir eine ordentliche Portion indisches Take-Away für uns beide bevor es dann zum spaßigen Teil des Abend überging: Der Fahrer des Ladens fuhr vor – in seinem Privat-PKW mit Baby im Schlepptau. Wir stellten uns vor, auch er war sehr freundlich und beteuerte uns, dass wir ihm keine Umstände bereiten. Vor lauter Freundlichkeit hätten wir dann beinahe nur uns ins Auto gepackt und das Essen stehen lassen, aber irgendwie schafften wir es dann doch alle ins Auto – der Fahrer und mein Kommilitone vorn, ich mit dem Baby hinten, auf in Richtung Newgrange.

Doch auch hier lagen wir mit unseren Vermutungen mal wieder so falsch wie man nur liegen kann: Der Fahrer hatte keine Ahnung, wie er von Slane nach Newgrange fahren soll.

15 Minuten später: Wir stehen plötzlich inmitten einer Schafherde keine 10m von Newgrange entfernt – aber leider auf der falschen Seite des Flusses, weit und breit keine Brücke.

Auto trifft Schafe.
Newgrange und Schafe
Schafe treffen Newgrange.

15min später: Halt an einer Tankstelle – Benzin war alle.

5min später: Das Baby findet Gefallen an meinem Handy und will es nicht mehr abgeben.

Weitere 15min später: Wir erkennen endlich die Umgebung wieder, fast geschafft!

Weitere 5min später: Wir haben es zurück zum Newgrange Lodge B&B geschafft und setzen uns mit unserem (erstaunlicherweise immernoch warmen) Take-Away Essen in den Innenhof des B&B – es war das leckerste indische Take-Away meines Lebens an einem der verrücktesten Abende, die ich bisher erleben durfte!

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